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Veranstaltung

Montag, 6.11.2023 um 19:00 Uhr, Robert-Havemann-Saal

Das Dorf des Willkommens

Elisabeth Voß liest aus dem Buch von Mimmo Lucano

Veranstaltungsbild

„Durch ein absurdes Zusammentreffen, durch eine Laune des Windes, ist die Geschichte auf ein Dorf gestoßen, das mit dem ›Virus der Menschlichkeit‹ infiziert war, einen Ort, an dem es möglich war, sich vorzustellen, dass wir alle Menschen sind. Das hat eine tiefe Spur hinterlassen, das ist das Erbe, das wir weitergeben, der Traum, dessen Verwirklichung noch aussteht.“

– (Mimmo Lucano)


Das von Abwanderung betroffene kalabrische Bergdorf Riace hat seit Ende der 1990er Jahre solidarisch Geflüchtete aufgenommen und ist dadurch auch selbst zu neuem Leben erwacht. Statt die Geflüchteten als Last zu sehen, derer man sich schnellstmöglich entledigen muss, entschlossen sich die Bewohner:innen andere Wege zu gehen.

„Wir hier wissen sehr genau, was Emigration bedeutet“.

Die Einrichtung des "Gobalen Dorfs" führte zu einer Wiederbelebung der Handwerksbetriebe sowie der Renovierung verlassener Häuser und auch der Kinderbetreuung. Auch wenn viele Geflüchtete nur temporär in dem kleinen Bergdorf blieben, gelang es doch, ein lebendiges Gemeinwesen zu schaffen und zu erhalten – ein reales Beispiel für eine andere europäische Migrationspolitik.

Das blieb nicht ohne Gegenwind. So wurden der frühere Bürgermeister Domenico (Mimmo) Lucano und 17 seiner Mitstreiter*innen mit repressiven juristischen Maßnahmen überzogen. In einem ersten Prozess 2021 wurden lange Haft- und hohe Geldstrafen verhängt. Domenico Lucano wurde zu 13 Jahren und zwei Monaten Gefängnis verurteilt, einer sehr viel höheren Strafe als sogar die Staatsanwaltschaft gefordert hatte.

Urteil – Solidarität ist kein Verbrechen!

Am 11. Oktober 2023 fällte das Berufungsgericht in Reggio Calabria sein Urteil: Die schweren Strafen der ersten Instanz wurden aufgehoben! Lediglich wegen einer falschen Beurkundung 2017 wurde Lucano zu eineinhalb Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. 16 seiner Mitstreiter*innen wurden freigesprochen, eine erhielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr.

Auch wenn ein vollständiger Freispruch erfreulicher gewesen wäre, kann dieses Urteil doch als ein Sieg der Solidarität und Menschlichkeit angesehen werden. Entsprechend groß war die Freunde bei den Unterstützer*innen, die zahlreich zum Prozess gekommen waren.


Elisabeth Voß hat das Willkommensdorf Riace besucht und sich mit den Anforderungen, Hoffnungen und Rückschlägen beschäftigt, die ein solches Projekt mit sich bringt. Die Lesung wird einen lebendigen und solidarischen Blick nach Kalabrien werfen, auch über das Dorf Riace hinaus.

Einen schönen Text zum aktuellen Urteil vom 11.10.2023 von Elisabeth Voß findet ihr hier »


In seinem Buch "Das Dorf des Willkommens" beschreibt Lucano, der von 2004 bis 2018 Bürgermeister war, wie Riace zum Willkommensdorf wurde und gibt Einblicke in seine Grundüberzeugungen. Er schildert hier nachvollziehbar seine Motivation zu unerschütterlichem solidarischen Handeln, gegen alle Widerstände.


Mimmo Lucano: Das Dorf des Willkommens

Aus dem Italienischen von Elvira Bittner, 288 Seiten, 28,50 €, Verlag rüffer & rub, 2021.

Elisabeth Voß ist Betriebswirtin und Fachautorin für Selbstorganisation, Genossenschaften und solidarisches Wirtschaften. Sie berät Kollektivbetriebe und Hausprojekte und hat mehrmals Riace besucht.

Web: www.elisabeth-voss.de

Veranstaltende: Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte